Nach dem Wahlergebnis vom Februar lädt die Kulturinitiative Sehlde zum Dialog. Beim Sorgen-Café wurde diskutiert, gefragt und zugehört – mit dem Ziel, Gemeinschaft und Demokratie im Ort zu stärken.
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Was bedeutet ein Wahlergebnis – und was macht es mit einem Ort?
In Sehlde lag bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 erstmals eine Partei vorn, die in Teilen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Für viele im Ort war das ein Schock. 139 Zweitstimmen entfielen auf die AfD – mehr als auf jede andere Partei. Die SPD kam auf 109 Stimmen, die CDU auf 102. Das Ergebnis führte dazu, dass Sehlde in einigen Wahlanalysen auf eine Stufe mit Regionen wie Salzgitter-Fredenberg oder Teilen Ostdeutschlands gestellt wurde – Gegenden, die mit ganz anderen sozialen Problemlagen konfrontiert sind.
Doch was bedeutet dieses Ergebnis tatsächlich für einen kleinen Ort wie Sehlde? Wurde bewusst gewählt oder eher aus Protest? Und: Was lässt sich daraus für das Zusammenleben und die künftige Entwicklung ableiten?


Diesen Fragen stellte sich die Kulturinitiative Sehlde am vergangenen Wochenende mit einem ungewöhnlichen Format. Unter dem Titel „Sorgen-Café“ hatte sie zu einer offenen Gesprächsrunde eingeladen – auf den Grünstreifen am alten Spielplatz an der Ecke Heerer Straße / Hubertusstraße. Dort standen Pavillons und Stehtische, es gab Kaffee, Kuchen und Zettel mit Fragen, die zur Diskussion anregen sollten. Auch Wünsche und Ideen konnten notiert und an Girlanden aufgehängt werden. Der Ort war bewusst offen gewählt, um den Austausch niedrigschwellig zu ermöglichen.
Link zu den Wahlergebnissen in Sehlde
Ziel der Veranstalterinnen war es nicht, zu belehren oder zu polarisieren – sondern zuzuhören. Was bewegt die Menschen im Ort? Warum werden extreme Parteien gewählt? Welche Themen fehlen im Alltag oder in der politischen Debatte? Und wie lässt sich das Gemeinschaftsgefühl stärken?
Die Rückmeldungen waren vielfältig. Einige gaben offen an, das Wahlergebnis nicht bewusst wahrgenommen zu haben. Andere sprachen über Unsicherheit, über mangelnde Transparenz in der (Kommunal-)politik oder das Gefühl, mit Anliegen nicht durchzudringen. Zugleich gab es viel Zustimmung für die Initiative, sich dem Thema überhaupt zu stellen.
Einige Besucher erinnerten daran, dass Politik im Dorf oft unmittelbarer wirkt als auf Bundesebene. Ob Straßenführung, Baugebiete oder Vereinsleben – viele Entscheidungen fallen auf lokaler Ebene. Dort, wo man sich kennt, ist das Miteinander besonders wichtig. Und gerade deshalb sei es bedenklich, wenn Spaltungstendenzen über Wahlergebnisse ins Dorf getragen werden.
Die Kulturinitiative will aus der Veranstaltung keine parteipolitische Debatte machen. Vielmehr geht es ihr darum, ein Bewusstsein für demokratische Werte zu stärken und gemeinsam Ideen zu sammeln, wie sich das Dorf künftig gestalten lässt. Die sechs zentralen Fragen, die beim Sorgen-Café ausgelegt wurden, können auch weiterhin schriftlich beantwortet werden – anonym oder mit Namen – und sollen gesammelt an den Gemeinderat übergeben werden.
Die Rückmeldungen aus dem Sorgen-Café, so die Veranstalterinnen, sollen keine fertigen Lösungen liefern. Aber sie können ein Ausgangspunkt sein: Für mehr Beteiligung, für mehr Verständnis füreinander und für eine politische Kultur, in der Fragen gestellt werden dürfen – auch unangenehme. Entscheidend sei, dass darüber gesprochen wird.
Das Sorgen-Café war ein Anfang. Weitere Formate sind denkbar – nicht nur von der Kulturinitiative, sondern auch aus dem Kreis der Besucherinnen und Besucher selbst. Wer sich engagieren will, konnte dies auf einem der Fragebögen direkt angeben. Einige haben das getan. Es bleibt offen, ob daraus neue Ideen oder Initiativen entstehen. Klar ist aber: Der Wunsch nach Austausch ist da.
Ob ein Wahlergebnis dauerhaft etwas verändert, hängt auch davon ab, wie ein Ort damit umgeht. Sehlde hat am Wochenende gezeigt, dass Gespräch und Gemeinschaft keine Selbstverständlichkeit sind – aber möglich. Und vielleicht ist genau das die wichtigste Botschaft aus dem Sorgen-Café.